Die heute so angesagten K-Beauty-Produkte haben ein lange Tradition, die eng mit der koreanischen Geschichte und ihren unterschiedlichen Reichen, Dynastien und Philosophien verbunden ist. Diese faszinierde Geschichte steht in enger Verbindung mit der koreanischen Naturheilkunde und reicht fast 2000 Jahre zurück. In diesem Blogbeitrag wollen wir uns daher den geschichtlichen Hintergund der koreanischen Vorstellungen von Schönheit und reiner Haut einmal genauer ansehen.
I. Ursprünge in der Drei-Reiche-Periode (57 v. Chr. - 668 n. Chr.)
In der koreanischen Frühgeschichte ( 57 v. Chr. bis 668 n. Chr.) waren es die drei Königreiche Goguryeo, Baekje und Silla die die Kultur der koreanischen Halbinsel prägten. Daher wird dieser Zeitabschnitt auch als die Drei-Reiche Periode bezeichnet. In diesem Zeitraum fällt unter anderem die Einführung des Buddhismus als Staatsreligion sowie ein lebhafter kultureller Austausch mit China und Japan. Manche kulturelle Einflüsse dieser Zeit prägen bis heute die koreanische Kultur und Tradition.
Ähnlich wie im europäischen Mitttelalter trugen die Menschen in Korea seit der Periode der drei Königreiche entsprechend ihrer sozialen Klasse und Zugehörigkeit unterschiedliche Kleidung, die dem jeweiligen sozialen Stand entsprach. Beeinflusst von der Mode aus dem T’ang-China trugen die koreanischen Adligen gegen Ende der Zeit der Drei Königreiche beispielsweise weite Hosen und Jacken mit Gürteln, die adligen Frauen lange Rockhosen und hüftlange Jacken. Einfache Menschen aus dem Volk trugen hingegen meist einfache, weisse Kleidung. Schönheitsrituale waren ebenfalls ein wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens und wurden von beiden Geschlechtern praktiziert. Ein gepflegtes Äußeres war nicht nur ein Zeichen von Wohlstand und Status, sondern wurde auch als Ausdruck von Respekt und Anstand gegenüber den Mitmenschen angesehen.
Die Menschen in dieser Zeit hatten ein ausgeprägtes Verständnis für die heilenden und pflegenden Eigenschaften der Natur. Die kosmetischen und medizinsch wirksamen Inhaltsstoffe wurden aus natürlichen Quellen gewonnen, wie zum Beispiel aus Pflanzen, Mineralien und tierischen Produkten. Einige der damals bereits verwendeten Inhaltsstoffe sind auch heute noch in der koreanischen Kosmetik und Naturheilkunde weit verbreitet, wie beispielsweise grüner Tee, Ginseng, Bambus und Meeresalgen. Reismehl wurde zur Herstellung von Gesichtspasten verwendet, die der Haut ein glattes und mattes Finish verliehen. Honig diente sowohl als Feuchtigkeitsspender als auch als Konservierungsmittel für kosmetische Produkte.
Die kosmetisch wirksame Stoffe wurden dabei größtenteils durch traditionelle Methoden wie das Kochen von Pflanzenbestandteilen in Wasser, trocknen, zerkleinern und Mischen der Inhaltsstoffe hergestellt. Auch Gärungs- und Fermentationsprozesse waren bereits aus der Lebensmittelverarbeitung bekannt und wurden eingesetzt, um bestimmte Inhaltsstoffe wirksamer und hautverträglicher zu machen.
Bereits zu dieser Zeit wurden grundlegende Hautpflegeroutinen praktiziert, die Reinigung, Peeling, Feuchtigkeitspflege und Schutz vor Umwelteinflüssen umfassten. Die Menschen benutzten natürliche Öle und Pflanzenextrakte zum Reinigen und Pflegen der Haut. Wer es sich leisten konnte, unterstützte mit regelmäßige Massagen und Akupressuranwendungen ein strahlendes und gesundes Aussehen.
B. Entwicklungen während der Goryeo- (918-1392) und Joseon-Dynastie (1392-1910)
Auf die Zeit der Drei Reiche folgte die Goryeo- Dynastie, die im 14. Jh. von der Joseon-Dynastie abgelöst wurde. Beide Epochen haben prägende Einflüsse im Bereich der Kunst, Mode sowie der Gesundheits- und Schönheitspflege hinterlassen.
Die Goryeo-Dynastie
Die Goryeo-Dynastie war eine Zeit des kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwungs, in der Kunst, Literatur und Handwerk florierten. In dieser Zeit gab es einen regen Handel und kulturellen Austausch mit China, was dazu führte, dass neue, bisher unbekannte Kosmetikprodukte und Techniken in Korea eingeführt wurden. Goryeo erklärte den Konfuzianismus zur Leitphilosophie und etablierte ein herausragendes Bildungssystem mit staatlichen Bildungsinstitutionen und privaten Schulen. Der Buddhismus erlebte zur Zeit des religiös toleranten Goryeo-Reiches allerdings ebenfalls eine Blütezeit.
Die Schönheitsideale und -praktiken waren weiterhin stark von der Klassenstruktur geprägt. Adelige Frauen legten großen Wert auf ihr Äußeres und verwendeten Kosmetik, um ihren sozialen Status zu unterstreichen. Interessant ist, dass ähnlich wie in den adligen Kreisen Europas, ein möglichst heller Teint als besonders erstrebenswert galt, da er auf Wohlstand und ein Leben frei von körperlicher Arbeit (z.B. Feldarbeit) hindeutete. Während dieses Ideal in der westlichen Welt im 20 Jh. durch das Streben nach einem gebräunten Teint abgelöst wurde, hat sich das Schönheitsideal der blassen Haut in Korea bis heute erhalten. Während der Goryeo-Dynastie wurden die verschiedene kosmetische Verfahren und Techniken weiterentwickelt. Neue Inhaltsstoffe und komplexere Hautpflege- und Schminkrituale wurden besonders in adeligen Kreisen populär.
Die Joseon-Dynastie
Die Joseon-Dynastie war eine der längsten und bedeutendsten Epochen in der koreanischen Geschichte und ihr Einfluss wirkt bis zur heutigen Zeit fort. In dieser Zeit wurde der Konfuzianismus zur Staatsphilosophie. Die Joseon-Könige standem dem Buddhismus sehr kritisch gegenüber, buddhistische Tempel wurden zum Teil geschlosssen und durften nicht mehr in der Nähe von Städten gebaut werden. Zur Ausübung Ihrer Religion mussten sich die buddhistischen Mönche tief in die Berge zurückziehen. Die neue Staatsphilosophie hatte auch weitreichende Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben und die Schönheitsideale. Bescheidenheit und Zurückhaltung wurden betont, was sich auch in den Kosmetikpraktiken widerspiegelte. Nicht der einzelne Mensch steht im Mittelpunkt dieser Philosophie, sondern der Mensch als Teil eines großen Ganzen. Es galten strenge Regeln im gesellschaftlichen Miteinander. Frauen spielten gegenüber den Männern eine untergeordnete Rolle und waren damit auf den Bereich von Heim und Familie beschränkt. Auffällige Schminktechniken wurden nicht mehr geschätzt, stattdessen wurde ein natürlicher, gepflegter und zurückhaltender Look bevorzugt.
Auf Grund des veränderten Schönheitsideals wurde In der Joseon-Dynastie sehr viel weniger Wert auf Schminke und auffälllige Kleidung gelegt. Dafür wurde den Hautpflegeroutinen für die unterschiedliche Bedürfnisse der Haut mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Es gab bereits ein Verständnis für die verschiedenen Hauttypen und ihre Bedürfnisse, und die Menschen verwendeten maßgeschneiderte Pflegeprodukte und Techniken, um ihre Haut gesund und schön zu halten. Die Herstellung von Kosmetikprodukten wurde immer raffinierter, und es wurden neue Zutaten und Techniken eingeführt, wie zum Beispiel die Verwendung von tierischen Ölen und Fetten oder die Destillation von Pflanzenessenzen.
C. Moderne koreanische Kosmetik
Der Einfluss westlicher Schönheitsideale
Im 20. Jahrhundert, insbesondere nach dem Ende des Koreakrieges und der anschließenden Öffnung des Landes, begannen westliche Schönheitsideale, die koreanische Kosmetikindustrie zu beeinflussen. Dekorative Make-up-Produkte wie Lidschatten, Mascara und Lippenstift wurden auch in Korea wieder zunehmend poulär. Dennoch blieb bei koreanischen Kosmetkprodukten insgesamt die Betonung von natürlichen Zutaten und einem ganzheitlichen Pflegeansatz bestehen, wodurch sich die koreanische Kosmetik weiterhin deutlich von ihren westlichen Pendants unterschied.
Die weltweite Popularität von K-Pop und koreanischen Dramen haben dann wiederum in der westlichen Welt das Interesse an koreanischer Kultur und Schönheitsritualen geweckt. Auf Grund ihrer milden Wirkweise, natürlichen und innovativen Inhaltsstoffe und hervorragenden Resultate ist die koreanische Kosmetik mittlerweile in vielen Ländern rund um die Welt bekannt und beliebt. Wie wir im historischen Kontext gesehen haben, legen Koreaner- und Koreanerinnen traditionell sehr großen Wert auf ein gepflegtes und reines Hautbild, da ein gepflegtes Äußeres nicht nur dem eigenem Schönheitsempfinden dient, sondern auch als Achtung- und Höflichkeit gegenüber den Mitmenschen verstanden wird. Immer noch wird auch ein heller, fast schon bleicher Hautton bevorzugt, obwohl das inzwischen gesellschaftlich durchaus auch kritisch gesehen, und gerade von den jungen Koreanern zum Teil in auch Frage gestellt wird.
Ein positiver Aspekt dieses Schönheitsideals ist jedoch die Wichtigkeit der Verwendung von Sonnencremes und Sonnenschutzmitteln. Da sie tagtäglich von sehr vielen Menschen verwendet wird, gehören koreanische Sonnencremes zu den Besten der Welt. Bei der erstmaligen Verwendung einer koreanischen Sonnencreme, die einen hohen Schutzfaktor hat, nicht fettet, und sich auf der Haut wie eine leichte Feuchtigkeitscreme anfühlt, haben viele westliche Menschen ein Aha-Erlebnis. Diese leichten Sonnencremes haben sehr zur Popularität der koreanischen Kosmetik im Ausland beigetragen.
Zudem hat sich die koreanische Kosmetikindustrie in den letzen Jahren erfolgreich internationalisiert, indem sie sehr viel in Forschung und Entwicklung investiert und die traditionellen Rezepte mit modernen Technologien und Trends kombiniert hat. Dieser Fokus auf Innovation hat dazu geführt, dass K-Beauty-Produkte oft als Vorreiter in der globalen Kosmetikbranche gelten. Ein Beispiel dafür sind die BB-Cremes und Tuchmasken, die zunächst in Korea entwickelt wurden und inzwischen von vielen europäischen und US-amerikanischen Herstellern ebenfalls angeboten werden
Im Jahr 2020 betrug der Exportwert von südkoreanischen Kosmetikprodukten rund 7,6 Milliarden US-Dollar, wobei die wichtigsten Abnehmerländer China, die Vereinigten Staaten und Japan sind. Nach Schätzungen lag der Umsatz der südkoreanischen Kosmetikindustrie im Jahr 2020 bei Insgesamt bei etwa 13 Milliarden US-Dollar. Heute gibt es in Südkorea mehr als 2.000 Kosmetikunternehmen, die eine Vielzahl von Produkten herstellen, von Hautpflege über Make-up bis hin zu Haarpflege. Diese Unternehmen beschäftigen zehntausende Mitarbeiter und tragen maßgeblich zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes bei.
Fazit: Die Geschichte der koreanischen Kosmetik ist eine faszinierende Reise durch verschiedene Epochen, die von der Drei-Reiche-Periode über die Goryeo- und Joseon-Dynastie bis hin zur modernen K-Beauty-Bewegung reicht. Die koreanische Schönheitskultur hat sich im Laufe der Jahrhunderte weiterentwickelt und doch stets den Fokus auf Natürlichkeit, Ganzheitlichkeit und Individualität beibehalten. Heute ist die koreanische Kosmetikindustrie ein weltweites Phänomen, das den Schönheitsmarkt auch weiterhin mit hochwertigen Produkten und innovativen Ansätzen bereichert.